Die Doppelflüchtlinge von Shatila
Shatila ist ein palästinensisches Flüchtlingslager im Süden Beiruts. Es wurde für eine Anzahl von etwa 3000 Menschen nach dem arabisch-israelischen Krieg 1949 gebaut, um die palästinensischen Flüchtlinge aufzunehmen, die während des palästinensischen Exodus 1948 geflohen sind oder vertrieben wurden. Shatila wird 2019 siebzig Jahre alt und ist eines der ältesten Flüchtlingslager der Welt.
Im Libanon gibt es 12 palästinensische Flüchtlingslager mit insgesamt rund 500'000 registrierten Flüchtlingen. Libanons Nachbarland Syrien bot einst weiteren 560'000 palästinensischen Flüchtlingen in 13 Lagern Unterkunft. Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs sind mehr als 110'000 in Syrien geborene Palästinenser aus Syrien geflohen und zu sogenannten "Doppelflüchtlingen" geworden. Infolgedessen stieg die Zahl der Flüchtlinge in Shatila von 10'000 im Jahr 2014 auf schätzungsweise 24'000 Menschen, die nun auf etwa einem Quadratkilometer zusammengepfercht sind.
Der Libanon hat von allen Nachbarstaaten Syriens im Verhältnis zur Bevölkerungszahl am meisten Schutzsuchende aufgenommen. Allerdings erhalten sie vom Staat weder eine Unterkunft noch Nahrungsmittel. Und eine Arbeitserlaubnis zu erhalten ist praktisch unmöglich. Infolgedessen leben die Flüchtlinge in Shatila in grosser Armut. Das Lager hat zudem angeblich eine der höchsten städtischen Bevölkerungsdichten der Welt und platzt aus allen Nähten, ein dunkles, gedrängtes Betonlabyrinth mit hohen Kriminalitätsraten und einer hohen Anzahl von Übergriffen auf Frauen
Die Flüchtlinge im Lager teilen alle nur eine Hoffnung: dieses Gefängnis so schnell wie möglich zu verlassen und in ein anderes Land fliegen zu können.
Christian Bobst
Der Reportagefotograf Christian Bobst studierte ursprünglich Graphic Design. Für fast 15 Jahre arbeitete er für Werbeagenturen wie Wirz, Advico, Young & Rucicam und Jung von Matt in der Schweiz und Deutschland und wurde mehrfach für seine Arbeit international ausgezeichnet. 2010 machte er sich selbständig und begann als freier Dokumentarfotograf zu arbeiten. Seither realisierte er zahlreiche Fotoreportagen und Aufträge in Europa, Afrika, Asien, Nord- und Südamerika. Seine Arbeiten wurden in Magazinen, Tageszeitungen und Onlinemedien wie Stern, The Guardian, NZZ, die Zeit, The New York Reviews of Books, Huffington Post, LensCulture und Geo. 2016 gewann er unter anderem den 2. Preis des World Press Photo Awards in der Kategorie Sport Stories, 2017 wurde er mit dem vfg Swiss Photo Award, dem Fotopreis des Kantons Solothurn sowie in den USA beim NPPA und im PDN Photo Annual ausgezeichnet. Christian Bobst wohnt in Zürich und ist Mitglied der Fotoagentur laif in Deutschland.